Übermäßige Handynutzung bei Schüler:innen – Anzeichen und Prävention

"Handysucht" bei Kindern? Kinder und Jugendliche wachsen zunehmend mit einem eigenen Handy auf und sind an die ständige Begleitung durch die praktischen mobilen Kommunikations- und Unterhaltungsgeräte gewöhnt. Oft sind sie sich der möglichen Auswirkungen des ständigen Tippens, Chattens und Spielens nicht bewusst. Bei exzessiver Nutzung kann es daher zu Problemen kommen, die sich zuhause wie auch in der Schule bemerkbar machen.

Sicherlich sind auch Ihnen schon vereinzelte Schülerinnen oder Schüler aufgefallen, die in den Pausenzeiten permanent an ihrem Handy spielen, einige von ihnen sind damit vielleicht auch schon während des Unterrichts aufgefallen. Doch nicht immer ist es einfach, das Thema anzusprechen.

Dieser Artikel unterstützt Sie bei dieser Herausforderung und listet Tipps, mit denen Sie bei Schülerinnen und Schülern ein suchtähnliches Verhalten erkennen können und wie Sie gegenüber betroffenen Jugendlichen und deren Eltern auftreten und Hilfe anbieten können.

Anzeichen für einen übermäßigen Handykonsum bei Jugendlichen

Da Smartphones als kleine Alltagshelfer nahezu immer dabei sind, ist es oft schwer auszumachen, ob der Handykonsum bei Jugendlichen schon das "normale" Maß übersteigt. Zudem bekommen Sie als Lehrkraft nicht den gesamten Alltag der Schülerinnen und Schüler mit. Eine Beurteilung, wie das Nutzungsverhalten in den eigenen vier Wänden aussieht, ist daher schwer. Nachfolgend finden Sie Empfehlungen, wie Sie dennoch erkennen können, wann ein Problem besteht.

Die Schülerin oder der Schüler:

  • verpasst oft Dinge um sich herum und ist ständig vom Handy abgelenkt.

  • zeigt starke Stimmungsschwankungen.

  • hat im Unterricht Konzentrationsprobleme.

  • kommuniziert fast ausschließlich digital und unterhält sich kaum mit anderen Mitschülerinnen und Mitschülern.

  • lässt sich nur schwer zu anderen Aktivitäten motivieren oder äußert verstärkt Desinteresse.

  • reagiert außergewöhnlich negativ auf eine Abnahme des Handys.

  • zeigt eine Verschlechterung der schulischen Leistung.

  • erledigt oft keine Hausaufgaben.

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Wichtig ist, dass das Zutreffen einiger dieser Symptome kein eindeutiger Beweis für eine übermäßige Handynutzung ist. Die Ursachen können auch körperlicher oder seelischer Natur sein oder im familiären Umfeld der Schülerin oder des Schülers begründet liegen. Bemerken Sie einige oder viele dieser Anzeichen, auch in Verbindung mit der Handynutzung, dann ist ein Gespräch mit den Betroffenen sowie den Eltern ratsam.

Was tun gegen übermäßigen Handykonsum?

Trotz ihres Engagements haben Lehrkräfte nur begrenzt Einfluss darauf, wie Schülerinnen und Schüler mit ihren Handys umgehen. An vielen Schulen ist die Nutzung von Handys stark eingeschränkt und kann sowieso nur in den Pausen oder vor und nach der Schule stattfinden. Seltener gibt es komplette Verbote für Handys. In anderen Fällen werden diese wiederum in den Unterricht einbezogen. Wie das sinnvoll und in einem pädagogisch wertvollen Rahmen umgesetzt werden kann, lesen Sie in unserem Artikel zum Thema Smartphone als Unterrichtsmittel.

Auch als Lehrkraft ist ein sensibler Umgang mit dem Smartphone wichtig. Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Schülerinnen und Schüler, so können Sie ihnen auf Augenhöhe begegnen und Akzeptanz für diverse Umgangsregeln vermitteln. Wir haben einige Tipps für Sie bereitgestellt, mit denen Sie im Unterricht mehr Aufklärungsarbeit bezüglich Handyverzicht bewirken können.

Reallife-Challenges

Mit Reallife-Challenges können Sie Ihren Schülerinnen und Schülern auf spielerische Art und Weise helfen, weniger Zeit am Smartphone zu verbringen. Die Challenges wurden ursprünglich von handysektor.de entwickelt und bieten jeden Tag unterschiedliche Herausforderungen, die jeweils einen Verzicht auf den Umgang mit dem eigenen Handy bedeuten. Es gibt Challenges, bei denen man eine bestimmte Plattform wie YouTube drei Tage lang nicht nutzen darf, bei anderen dürfen keine Fotos und Videos gemacht werden und wieder andere begrenzen die Anzahl der Nachrichten, die geschickt werden dürfen. Zur Challenge gibt es außerdem Spielkarten und Spielpläne, die unter handysektor.de heruntergeladen und ausgedruckt werden können.

Apps zur Reduzierung der Bildschirmzeit

Es gibt einige Apps, die dabei helfen möchten, die Nutzungszeit am Handy zu reduzieren. Sie verfolgen meist das gleiche Prinzip: Unterstützung, um das Smartphone oder bestimmte Apps weniger zu nutzen sowie Belohnungsmechanismen bei Erfolg. Andere Apps legen den Schwerpunkt auf Konzentrationsförderung. Nachfolgend sind beispielhaft einige Apps aufgelistet, die Sie z. B für eine Klassen-Challenge austesten können:

  • Apps mit Spielanreiz: z. B Forest, Donut Dog
  • Konzentrations-Apps: z. B. Stay Focused, Tide

Diese und ähnliche Apps können so gezielt auch im Unterricht oder der Freizeit der Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden. Bei der Auswahl sollte berücksichtigt werden, dass kostenlose Apps in der Regel In-App-Käufe anbieten oder mit Werbung arbeiten. Außerdem ist es wichtig, die Datenschutzbestimmungen der einzelnen Apps durchzulesen und vor einer Nutzung in der Klasse ggf. das Einverständnis der Erziehungsberechtigten einzuholen.
Ähnlich wie bei einem Wettkampf können die Jugendlichen dann vergleichen, wer weniger Zeit am Handy verbracht hat. Dies können Sie anschließend im Unterricht belohnen z. B. indem das "Gewinner-Team" seine Hausaufgaben selbst bestimmen darf oder einen Film auswählt, der im jeweiligen Fach geschaut werden soll. 

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Die meisten Smartphones bieten mittlerweile in den internen Einstellungen die Möglichkeit, die persönliche Bildschirmzeit zu tracken und Zeitlimits für bestimmte Apps zu setzen.

Offener Umgang und Verhaltensvereinbarung für die Handynutzung

Ein generelles Verbot in der Schule oder Klasse, macht das Smartphone oft nur noch interessanter.
Zielführender ist ein offener Dialog zwischen Schülerschaft, Eltern und Lehrkräften, aus denen eine sogenannte Verhaltensvereinbarung hervorgeht. In dieser können gemeinsam Regeln für die Nutzung von Handys an Schulen festgehalten werden. Gleichzeitig schaffen Sie durch dieses Format Verständnis und Akzeptanz für die Regeln, damit diese schlussendlich auch eingehalten werden. Ist dies an Ihrer Schule eine Option, seien Sie stehts offen gegenüber Ihren Schülerinnen und Schülern und erklären Sie, warum eine Regelung der Handynutzung an Schulen wichtig ist. Gleichzeitig lohnt die Überlegung, wie Sie das Smartphone zur Wissenvermittlung sinnvoll in den Unterricht integrieren können.

Handykonsum bei Schülerinnen, Schülern und Eltern ansprechen

Haben Sie ein mögliches Problem beim Umgang mit dem Handy bemerkt, sollten Sie zunächst vorsichtig den betroffenen Jugendlichen mit genug Zeitvorlauf zu einem Gespräch unter vier Augen bitten. Dabei können Sie sich an folgendem Gesprächsablauf orientieren:

  1. Erläutern Sie den Anlass des Gesprächs und den Gesprächsrahmen.

  2. Hören Sie die Sichtweise der Schülerin oder des Schülers an und erfahren Sie Hintergründe und Schwierigkeiten sowie Wünsche für die Zukunft.

  3. Teilen Sie Ihre eigenen Beobachtungen mit und weisen Sie auf mögliche negative Konsequenzen hin.

  4. Informieren Sie über weitere Schritte der Schule, treffen Sie Vereinbarungen, wie es weitergehen wird und ob z. B. die Eltern über das Thema informiert werden sollen.

  5. Fassen Sie die Erkenntnisse am Schluss zusammen und dokumentieren Sie diese.

Wie der weitere Vorgang aussieht, hängt stark vom Ausgang des Gesprächs sowie der persönlichen Einstellung, Gemütslage und familiären Situation der Schülerin oder des Schülers ab. Ist keine schnelle Veränderung des Verhaltens absehbar oder sind die Probleme tiefgreifender, sollten Sie die Eltern ebenfalls zu einem Gespräch bitten.

 

Eltern sind verständlicherweise um ihre Kinder besorgt. Der folgende Gesprächsleitfaden kann Ihnen dabei helfen, eine mögliche übermäßige Handynutzung anzusprechen, die Sie bei einer Schülerin oder einem Schüler bemerkt haben:

  • Welche Verhaltensweisen bereiten Ihnen in Bezug auf die Handynutzung konkret Sorgen?
    Beobachtungen schildern, keine Vermutungen oder Gerüchte.

  • Was möchten Sie mit dem Gespräch erreichen und warum ist eine Veränderung des Verhaltens notwendig?
    Fokus auf schulische Aspekte legen.

  • Welche Hilfsangebote für übermäßige Handynutzung gibt es?
    Keine Belehrung, eher Orientierungshilfen und Denkanstöße geben.

  • Welche Auswirkungen/Konsequenzen hat es, wenn nichts passiert?
    Mögliche Folgen sachlich darlegen, ohne den Eltern Angst oder ein schlechtes Gewissen zu machen.

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Insgesamt sollten Sie in dem Gespräch eine Atmosphäre schaffen, in der Verständnis und Vertrauen möglich sind. Legen Sie die Informationen sachlich dar, äußern Sie aber auch Sorgen über die möglichen psychischen und körperlichen Auswirkungen einer übermäßigen Handynutzung.