Tabuthema: Ist mein Kind pornosüchtig?

Tabuthema Pornokonsum und Pornosucht: Sexuelle Inhalte sind online meist nur einen Klick entfernt oder Jugendliche werden sogar ungewollt damit konfrontiert. Jugendschutzmaßnahmen auf Social Media? Greifen nicht immer oder Inhalte werden zu spät gelöscht. Auch über Messenger wie WhatsApp werden oft Videos mit nicht altersgemäßen Inhalten verbreitet und weitergeleitet.

Die sexuelle Entwicklung von Kindern ist für viele Eltern kein einfaches Thema. Hemmungen, Tabus und vielleicht unangenehme Fragen sind damit verknüpft. Dass sich Jugendliche in der Pubertät anfangen auszuprobieren, nach Vorbildern und Antworten auf ihre Fragen suchen, ist ganz normal. Das betrifft natürlich auch die Entwicklung der Sexualität. Nicht selten kommen sie dabei online in Kontakt mit sexuellen oder pornografischen Inhalten, ob gewollt oder ungewollt. Die Installation von Jugendschutzfiltern auf persönlichen Geräten ist sehr sinnvoll. Jedoch können Jugendliche diese beispielsweise auf fremden Geräten oder mit dem Öffnen von Videos im Messenger umgehen. Ein offener Umgang mit dem Thema ist daher besonders wichtig, um Kinder aufzuklären und vor verstörenden Inhalten und negativen Erfahrungen zu schützen.

Ab wie viel Jahren sind Pornos erlaubt?

Pornografische Inhalte sind laut Gesetz erst ab 18 Jahren erlaubt. Allerdings kommen Jugendliche und Kinder schon viel früher mit ihnen in Kontakt: Im Durchschnitt sehen sie bereits mit ca. 13 Jahren zum ersten Mal Pornos (Fotos oder Videos mit sexuellem Inhalt). Entsprechende Seiten im Netz fragen das Alter gar nicht oder nur unzureichend ab.

Wenn sexuelle oder pornografische Inhalte gefallen, regen sie das Belohnungssystem an. Das kann wie bei Gaming, Glücksspiel, Alkohol oder anderen Drogen süchtig machen. Doch steigt mit der leichten Verfügbarkeit von pornografischen Inhalten im Netz für Jugendliche auch die Gefahr einer Sucht?

Konsum von Pornografie bei Jugendlichen

Jugendliche kommen bereits relativ früh mit sexuellen und pornografischen Inhalten in Kontakt. Das passiert einerseits zufällig zum Beispiel über soziale Netzwerke, wenn ihnen anzügliche Kurzvideos vorgeschlagen werden oder aber wenn sie über Messenger-Dienste sexuelle Bilder oder Videos zugeschickt bekommen. Viele Jugendliche suchen aber auch selbst, alleine oder in einer Gruppe, aktiv danach.

In einer Befragung gaben 23 % Prozent der Jugendlichen an, dass ihnen im letzten Monat ungewollt pornografische Inhalte begegnet sind (Jungen 23 %; Mädchen 22 %).

Ein Drittel der 11- bis 17-Jährigen (35 %) hat bereits Pornos online gesehen. Der Anteil steigt mit dem Alter und Jungen geben dies häufiger an als Mädchen. Im Alter von 14 bis 17 Jahre hat mehr als die Hälfte der Jungen Pornos gesehen (59 %). Bei gleichaltrigen Mädchen ist es etwas weniger als die Hälfte (45 %).

Von der Neugier zum Problem

Das Tabu und die gleichzeitig leichte Verfügbarkeit von Pornos im Netz kann Jugendliche besonders neugierig machen. Wichtig ist, dass Jugendliche ein Bewusstsein entwickeln, dass es sich bei Pornografie um überwiegend sehr unrealistische Inszenierungen von sexuellen Handlungen handelt. Dazu kommt, dass pornografische Darstellungen sehr verstörend wirken können, weil sie beispielsweise Gewalt zeigen. Grundsätzlich sind Pornos nicht für Jugendliche bestimmt, sondern werden für Erwachsene (insbesondere für eine männlichen Zielgruppe) angeboten.

Häufig wissen Eltern gar nicht so genau, was ihre Kinder im Internet sehen. Umso wichtiger ist es, das Gespräch zu suchen. Gerade wenn es dabei um Pornos geht, kann das unangenehm sein – für Sie und Ihr Kind. Da pornografische Inhalte im Internet problemlos verfügbar sind, ist es wichtig, eher früher als später über das Thema zu reden. Tipps, wie Sie mit Ihrem Kind über Pornos sprechen können, finden Sie auf zebra.de oder im Infoblatt von klicksafe.

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Ihr Kind verbringt immer mehr Zeit mit digitalen Medien und virtuellen Inhalten? In einem gewissen Rahmen ist das ganz normal. Viele Eltern machen sich aber Sorgen, ab wann es "zu viel" wird und welche Regeln sie einführen können. Wenn Sie mit Ihrem Kind feste Medienzeiten vereinbaren, können Sie sich an diesen Altersempfehlungen orientieren.

Pornosucht erkennen

Wie bei anderen Süchten, ist auch eine Pornosucht bzw. "Pornografie Nutzungsstörung" daran erkennbar, dass Betroffene nicht einfach mit dem Konsum aufhören können, auch wenn sie es sich vorgenommen haben. Auch wenn immer mehr Zeit auf das Suchtmittel verwendet wird und immer intensivere Reize gesucht werden, sind das Anzeichen. Betroffene nehmen dann in Kauf, dass sie Lebensbereiche, wie Schule, Ausbildung oder andere Verpflichtungen, Hobbys, Familie und Freunde vernachlässigen, und sich der Tagesablauf mehr und mehr um den Konsum dreht.

Wie die Computerspielsucht, ist auch die Pornosucht ("Pornografie-Nutzungsstörung") seit kurzem als offizielles Störungsbild anerkannt, was eine Diagnostik und den Zugang zur richtigen Therapie zukünftig vereinfachen kann.

Das Erkennen einer problematischen Nutzung von pornografischen Onlineinhalten ist häufig sehr schwer, da dieses Thema sowohl bei Betroffenen als auch in ihrem Umfeld schambehaftet sein kann. Anders als beim Computerspielen, möchten Betroffene einer Pornosucht ihr Verhalten möglichst geheim halten.

Sollten Sie erste Anzeichen und Veränderungen bei Ihrem Kind wahrnehmen und sich Sorgen machen, dass es möglicherweise einen ungesunden Umgang mit pornografischen oder anderen Online-Angeboten hat, dann können Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

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Unter www.ins-netz-gehen.de können Jugendliche ihr Online-Nutzungsverhalten testen und sich anschließend zur Online-Beratung anmelden.

Im Netz finden sich zudem auch spezifische Tests zu Pornosucht. Beispielsweise der Selbsttest des Pilotprojekts "PornLos", Test zur Pornosucht auf safersurfing.org oder "9 Fragen - Handelt es sich um eine Pornosucht?"

Professionelle Hilfe bei Pornosucht

Mit professioneller Hilfe können die Gründe, die zu einer Sucht geführt haben, aufgearbeitet werden. Sie können als Eltern auch erstmal alleine Kontakt mit einer Beratungsstelle aufnehmen und Ihre Bedenken und Beobachtungen schildern. Speziell geschulte Fachkräfte der Suchtberatung können Ihnen Tipps geben, wie Sie das Thema mit Ihrem Kind besprechen können und welche Möglichkeiten es gibt.

Im Magazin der Caritas Deutschland lesen Sie ein Beispiel aus der Mediensuchtberatung, wie ein junger Mann mit 23 Jahren seine bereits in der Jugend begonnene Pornosucht mithilfe der Suchtberatung und -therapie in den Griff bekommen hat.

 

Quellen:

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs): JIM-Studie 2023. www.mpfs.de/studien/jim-studie/2023/
Landesanstalt für Medien NRW (2023). Erfahrung von Kindern und Jugendlichen mit Sexting und Pornos. Zentrale Ergebnisse der Befragung 2023. https://www.medienanstalt-nrw.de/studie-porno-sexting-minderjaehrige-2023