Glücksspielstaatsvertrag

Seit dem 1. Juli 2021 regelt der Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV), das Glücksspiel in Deutschland einheitlich. Die Regelungen und Maßnahmen des GlüStV verfolgen festgelegte Ziele und stellen konkrete Anforderungen an Glücksspielanbieter, die unter anderem dem Spieler- und Jugendschutz dienen sollen. In diesem Artikel lesen Sie die wichtigsten Maßnahmen zur Regulierung des Online-Glücksspiels.

Welche Änderungen beinhaltet der Glücksspielstaatsvertrag für Online-Glücksspiel?

Durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) wird der Glücksspielmarkt neu geregelt: Die neuen Regelungen betreffen dabei auch die Legalisierung des Online-Glücksspiels in allen 16 Bundesländern. Außer in Schleswig-Holstein, das 2011 als einziges Bundesland eine Sonderregelung beschloss, war das Online-Glücksspiel (z. B. virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Spiele in Online-Casinos) bisher offiziell verboten.

Mit dem Inkrafttreten des GlüStV 2021 am 01.07.2021 können nun bundesweit auch Lizenzen für Online-Glücksspiele vergeben werden. Das Vorgehen bei der Vergabe von Glücksspielkonzessionen soll fortan vereinheitlicht werden und damit eine klarere gesetzliche Grundlage bieten, die für das gesamte Bundesgebiet gilt. Das vorab nur in Schleswig-Holstein geltende Glücksspielgesetz wird durch die neuen Regelungen ersetzt.

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Arbeiten Sie in Ihrem Berufsalltag mit Jugendlichen, bei denen Sie das Risiko einer entstehenden Glücksspielsucht sehen oder problematische Verhaltensmuster erkennen, ist eine frühzeitige Prävention sehr wichtig. Einen guten Überblick über wichtige Informationen und Beratungsangebote bietet z. B. die Plattform www.check-dein-spiel.de für Betroffene und Angehörige. Auf dem Portal www.ins-netz-gehen.de finden Jugendliche außerdem Informationen über Glücksspiel-Elemente in Videospielen und erhalten Tipps, wie sie sich vor Kostenfallen und Glücksspiel-ähnlichen Mechanismen schützen können.  

Welche neuen Regelungen gelten für Spielende und Anbieter?

Online-Glücksspiele dürfen nur angeboten werden, wenn der Anbieter im Besitz einer für Deutschland gültigen Lizenz ist. Nur so kann u. a. gewährleistet werden, dass die Maßnahmen zum Jugend- und Spielerschutz eingehalten werden. Die Gemeinsame Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder (GGL) ist für die Überwachung der Regulierungsvorgaben zuständig.

  • Virtuelle Spiele, die in herkömmlichen Spielhallen als Tischspiele mit Bankhalter veranstaltet werden, sind unzulässig. Dazu zählen z. B. Roulette, Black Jack oder Baccara.

  • Der Einsatz für virtuelle Automatenspiele darf 1 Euro pro Spiel nicht überschreiten. Ein Spiel muss mindestens 5 Sekunden dauern.

  • Wenn Spielende an einer anderen Art von Glücksspiel desselben Anbieters teilnehmen möchten, ist eine Wartezeit von mindestens einer Minute einzuhalten. Während dieser Wartezeit müssen Informationen zu den Gefahren von Glücksspielsucht sowie Hinweise zur Prävention eingeblendet werden, die Spielende vor der Teilnahme in einem anderen Bereich zuerst bestätigen müssen.

  • Zwischen 6 und 21 Uhr darf im Rundfunk und auch im Internet keine Werbung für Online-Glücksspiele gemacht werden.

  • Allen Spielenden muss ein Spielkonto beim jeweiligen Anbieter zugeordnet werden. Für alle Spielkonten gilt monatlich ein Einzahlungslimit von höchstens 1.000 Euro. Spielerinnen und Spielern wird es außerdem freigestellt, für sich selbst eine monatliche, anbieterübergreifend geltende Höchstsumme festzulegen. Die Einhaltung dieses Einzahlungslimits wird durch eine sogenannte Limitdatei überwacht.

  • Das anbieterübergreifende parallele Spiel (mit Ausnahme von Online-Poker und Lotterien) soll durch eine weitere zentrale Aktivitätsdatei, in denen Anbieter geführt werden, verhindert werden. Beim Wechsel zwischen Anbietern gilt eine Wartefrist von 5 Minuten.

  • Anbieter dürfen keine Darlehen gewähren, bewerben oder auf derartige Angebote verlinken.

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Problematisches Spielverhalten mit Online-Glücksspiel kann mit einer übermäßigen Mediennutzung einhergehen. Insbesondere auf Heranwachsende können die Spannung und das Risiko beim Glücksspiel eine große Faszination ausüben. Auch kommen Jugendliche beiläufig mit Inhalten in Kontakt, die sich um Glücksspiel drehen – z. B. auf Streaming-Plattformen wie Twitch.

Welche Möglichkeiten bietet das Sperrsystem zum Schutz der Spielenden vor Suchtrisiken?

Neben Regelungen zum Einsatz- und Einzahlungslimit sowie zum parallelen Spielen soll vor allem auch ein deutschlandweites Sperrsystem gewährleisten, dass Spielende besser vor Suchtrisiken geschützt werden. Die zuständige Verwaltungsbehörde für das bundesweite zentrale Spielersperrsystem OASIS ist das Regierungspräsidium Darmstadt. Anbieter müssen durch Abgleich mit der staatlichen Sperrdatei sicherstellen, dass gesperrte Spielende sowie Minderjährige nicht an Glücksspielangeboten teilnehmen können.

Dabei gilt: Das Sperrsystem ist verpflichtend für alle Glücksspielarten mit hohem Suchtrisiko, wozu vor allem auch die Veranstalter von Online-Glücksspielen (virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele) zählen. Drei grundsätzliche Arten der Spielersperre sind dabei möglich:
 

Selbstsperre

Spielende können jederzeit ohne Angabe von Gründen selbst eine Sperrung beantragen, entweder direkt beim Glücksspielveranstalter oder bei der für die Sperrdatei verantwortlichen Verwaltungsbehörde (Regierungspräsidium Darmstadt).

Die Sperrdauer kann unbefristet sein (die Mindestsperrdauer beträgt dann 1 Jahr), oder kann befristet sein, wobei auch dann eine Mindestsperrdauer von 3 Monaten gilt. Eine Aufhebung der Selbstsperrung ist nur auf schriftlichen Antrag der gesperrten Person möglich, welcher frühestens nach Ablauf der Mindestsperrdauer gestellt werden kann. Wird kein solcher Antrag gestellt, gilt die Sperre weiterhin – auch bei eigentlich befristeten Sperren.
 

Fremdsperre

Auch eine Spielersperre durch Veranstalter und Dritte (z. B. Verwandte oder Personen in einer Lebenspartnerschaft) ist möglich. Dann handelt es sich um eine Fremdsperre, für die allerdings einige Anhaltspunkte auf Suchtgefährdung vorliegen müssen: So sind Erkenntnisse notwendig, die auf eine Spielsucht(gefährdung), eine Überschuldung oder ein sehr riskantes Spielverhalten hinweisen. Bevor eine Eintragung in die Sperrdatei vorgenommen wird, hat die betroffene Person die Gelegenheit für eine Stellungnahme.

Bei einer Fremdsperre beträgt die Mindestsperrdauer 1 Jahr und auch in diesem Fall ist ein Antrag auf Aufhebung der Sperre notwendig. Stellt die betroffene Person nach Ablauf der Mindestdauer den entsprechenden Antrag, informiert die zuständige Behörde den Veranstalter bzw. den Dritten, der den Sperrantrag gestellt hat.

Sofortige, kurzzeitige Sperre

Anbieter von Online-Glücksspielen müssen auf ihrer Website eine deutlich erkennbare Schaltfläche einrichten, die eine sofortige, kurzzeitige Sperre des Spielenden auslöst. Dieser „Notfall-Button“ veranlasst eine Sperre des Spielenden, die 24 Stunden nach Betätigung des Buttons anhält und nach Ablauf der Zeit automatisch aufgehoben wird. Die Betätigung dieser Schaltfläche wird ebenfalls in der Sperrdatei hinterlegt, sodass der Button anbieter- und spielerübergreifend funktioniert.

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Anbieter von Online-Glücksspielen müssen auf eigene Kosten technische Systeme einrichten, die folgende Zwecke erfüllen: A) Früherkennung von Spielsucht: Zu diesem Zweck muss ein automatisiertes System zur Früherkennung von Glücksspielsucht und gefährdeten Spielenden eingesetzt werden, das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und auf Algorithmen basiert. B) Ein System, welches die für die Glücksspielaufsicht erforderliche Daten erfasst, speichert und jederzeit eine Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde ermöglicht.

Welche Ziele verfolgt der neue Glücksspielstaatsvertrag?

Der GlüStV 2021 verfolgt hauptsächlich das Ziel, das Glücksspiel unter restriktiven Voraussetzungen zu legalisieren, damit legale Grauzonen zu eliminieren und insgesamt die Sicherheit der Spielenden zu erhöhen. Im Staatsvertrag sind u. a. folgende Ziele festgeschrieben:

  1. Der Entstehung von Glücksspielsucht soll vorgebeugt werden. Voraussetzungen für eine wirksame Suchtprävention und -bekämpfungen sollen geschaffen werden.

  2. Den Spielenden soll eine legale und sichere Alternative zu auf dem Schwarzmarkt angebotenen Spielen geboten werden. Somit soll der Entwicklung und Ausbreitung von illegalem Glücksspiel und Schwarzmarktangeboten entgegengewirkt werden.

  3. Der Jugend- und Spielerschutz soll durch den gesetzlichen Rahmen gewährleistet werden.

  4. Eine ordnungsgemäße Durchführung von Glücksspielen soll sichergestellt werden, um Spielende vor betrügerischen Praktiken zu schützen.

Glücksspielveranstalter müssen ein Sozialkonzept entwickeln und umsetzen, das dem Jugend- und Spielerschutz dient. Darin müssen Hilfestellungen zur Vorbeugung eines problematischen Spielverhaltens festgeschrieben sein, die Spielende zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Glücksspiel anhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorbeugen sollen. Gleichermaßen sollen Maßnahmen zur Bekämpfung von Spielsucht entwickelt werden.

Obwohl der Spieler- und Jugendschutz fest im Glücksspielstaatsvertrag verankert ist, bedeutet eine Ausweitung der Konzessionen für Glücksspiel natürlich auch, dass Jugendliche und junge Erwachsene vermehrt mit Online-Glücksspielen konfrontiert werden können. Werden derartige Glücksspiele z. B. von Influencern und Streamern angepriesen, mit denen sich viele Heranwachsende identifizieren oder denen sie nacheifern wollen, kann das mitunter dazu führen, dass Glücksspiel als gesellschaftlich akzeptiert und normalisiert angesehen wird. In Verbindung mit dem Risikofaktor von Glücksspielelementen in Apps oder Videospielen bzw. simuliertem Glücksspiel in virtuellen Umgebungen kann so die Entwicklung eines problematischen Spielverhaltens begünstigt werden. 

 

Durch die deutschlandweite Legalisierung des Online-Glücksspiels können neue Maßnahmen und Regelungen durchgesetzt und überwacht werden, die dem Spieler- und Jugendschutz dienen. So können Spielende vor betrügerischen Angeboten besser geschützt werden und gleichermaßen von Schwarzmarkt-Glücksspiel ferngehalten werden. Die im GlüStV 2021 festgeschriebenen Maßnahmen wie das Sozialkonzept oder der Notfall-Button zur Selbstsperre sollen eine erhöhte Sicherheit für Spielende gewährleisten, die gesetzlich in den Praktiken der Anbieter verankert werden müssen. Der Entwicklung eines pathologischen Spielverhaltens soll so vorgebeugt werden. Auch Betrug und Manipulation sowie Kriminalität in der Branche soll durch die neuen Regelungen Einhalt geboten werden.  

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Auch der neue GlüStV enthält keine generellen Regulierungsmechanismen für "simuliertes" Glücksspiel in Computer- oder Videospielen. Ob Glücksspiel-Elemente in Games erlaubnisfähig sind, muss demnach im Einzelfall geprüft werden. Demnach finden sich auch zu Spielmechanismen wie "Lootboxen", bei denen Spielende Geld in zufällig ausgewürfelte Ausrüstungsgegenstände oder Verbesserungen für Videospiele investieren, keine konkreten Empfehlungen im Staatsvertrag. In Fachkreisen stehen Lootboxen jedoch nach wie vor in der Kritik, da sie vom Zufall abhängig sind, Geld kosten, eine Gewinnchance sowie ein Verlustrisiko enthalten und dem klassischen Glücksspiel daher sehr nahestehen. Kontakt mit solchen Mechanismen kann Jugendliche früh mit dem Konzept von Glücksspiel konfrontieren und die Hemmschwelle für einen späteren Kontakt mit "echtem" Glückspiel senken. Es ist daher ratsam, junge Spielende bereits frühzeitig über die Risiken von virtuellem Glücksspiel aufzuklären und auch Glücksspiel-ähnliche Elemente nicht zu verharmlosen.